| Fahrtest Propain Hugene 2 CF 29
Eigentlich ist Propain eine Marke mit klarem Gravity-Schwerpunkt. Bekannt ist der deutsche Custom-Hersteller seit 2012 für seine schweren Kaliber der Spielarten Enduro, Freeride und Downhill. Dabei sind, bis auf zwei Ausnahmen, alle Modelle, aber vor allem unser Testbike, reine „Muskel-Bikes“. Das zeigt, dass es dem kleinen Bike-Hersteller aus dem Allgäu ernst ist mit dem Bergradeln. Und daher vielleicht einer gewissen Freude am Schmerz.
Zudem macht sich Propain auch für den Nachwuchs stark: Ein Dirtbike und fünf „echte“ Mountainbike-Modelle für Kinder und Jugendliche hat Propain im Programm. Da fügt sich unser 2024er Testbike Propain Hugene 2 CF 29 als auffälliger Ausreißer ideal dazwischen: Das tourenorientierte, kletterfreudige Fully mit einer Lizenz für’s Grobe rundet das Portfolio der ausschließlich als Direkvermarkter aufgestellten Bike-Marke nach unten hin ab. Doch dies nur in Sachen Einsatzbereich.
Preislich kann man zwischen drei Hugene-Varianten mit demselben Carbon-Rahmen, aber unterschiedlicher Ausstattung wählen. Die Preise starten bei 3399 Euro. Jedes dieser Build Kits ist darüber hinaus im Online-Konfigurator weiter individualisierbar. Auch unser Testbike mit einzelnen Custom-Parts liegt außerhalb der vorkonfigurierten Varianten und kostet exakt 5374 Euro.
Sitzposition und Rahmen
Von Anfang an fühlt man sich als ambitionierter Biker oder Bikerin auf dem Hugene gut aufgehoben und ausgesprochen wohl. Die Sitzposition fällt bei moderater Sattel-Überhöhung, langem Oberrohr und fast 78 Zentimeter breitem Lenker sportlich aus, man sitzt bequem und ideal balanciert zwischen den 29er-Laufrädern, bringt die Kraft flüssig auf die Pedale, genügend Druck aufs Vorderrad und hat die ausgewogene Lenkung präzise im Griff.
Der Lenker mit 35 Millimetern Durchmesser im Klemmbereich und der CNC-gefräste Zweifinger-Vorbau übersetzen mit unerschütterliche Steifigkeit jeder kleinste Lenkbewegung ans Vorderrad. Schnell fühlt sich das Hugene an wie ein Teil des eigenen Körpers.
Der Rahmen besteht aus Carbon, die Rohre sind durch fließende Formen belastungsgerecht optimiert. Auch der jeweils verwendete Fasertyp, die Positionierung der Carbon-Lagen und die Rohrwandstärken sind darauf abgestimmt. Der Hauptrahmen wirkt wie aus einem Guss. Seine Rohre sind kaum sichtbar miteinander verklebt und dann lackiert.
Auch der Hinterbau besteht aus einem Stück, das in sich sehr verwindungssteif ausfällt. Durch ein kompliziert anmutendes System aus teils gegenläufig zueinander beweglichen Umlenkhebeln, der filigran wirkenden Anbindung an den Hauptrahmen und den darin schwimmend montierten Dämpfer soll die Sensibilität des so genannten Pro10-Hinterbaus forcieren. Die Edelstahl-Kugellager am Hinterbau stammen von Acros und sind aufwändig gedichtet.
Lenker, Vorbau, Steuersatzlager und Variostütze machen ebenfalls einen hervorragenden Eindruck. Die hintere Bremsleitung und der Bowdenzug zur Variostütze im Sitzrohr laufen am Steuerrohr in den Rahmen. Kleiner Schönheitsfehler: Die Kunststoff-Stopfen, die die Leitungen beim Rahmeneintritt armieren sollen, baumeln sinnlos einige Millimeter davor frei herum.
Raffiniertes Fahrwerk
Zunächst einmal gilt es, Federelemente und Reifendruck am Bike auf Körpergewicht, bevorzugtes Fahrverhalten und -terrain abzustimmen. Dann lässt sich neben herausragender Bodenhaftung, daraus resultierendem Grip, Spurführung und Vortrieb auch der ausgeprägte Komfort des vollgefederten, sensiblen Fahrwerks genießen.
Angesichts der komplexen Einstellmöglichkeiten sollte man sich dafür jedoch genügend Zeit und Muse nehmen, die Bedienungsanleitung zu Rate ziehen und sich in mehreren Durchgängen allmählich ans Optimum heranarbeiten. Das lohnt sich!
Perfekte Abstimmung
Denn mit perfekter Abstimmung entfaltet sich erst das gesamte Potenzial dieses kompetenten Tourenbikes mit seiner Vorliebe für spontane, kracherte Eskapaden. Und das bewegt sich auf respektablem Niveau! Die Fox 36-Gabel bietet dank dicker Standrohre ein hochkarätiges Steifigkeitslevel, das sich zudem aus einer 15 Millimeter-Steckachse und auf 110 Millimeter Achsbreite vergrößertem Boost-Standard speist.
Ihre reibungsmindernd veredelten Standrohre (Kashima Coating) gleiten geschmeidig auf den gesamten 150 Millimetern ihres Federwegs und heben auch unter schwierigen Bedingungen wie Quer- und Scherkräften sensibel das Vorderrad an, ohne gegeneinander zu verkanten.
Die einzeln vorgenommene Justage der High- und Lowspeed-Druckstufen der Gabel verhindert, dass das Bike im Wiegetritt vorne zu nicken beginnt oder die Gabel an Stufen zu schnell und tief eintaucht. Der Fox Float-Dämpfer mit Extravolumen sorgt am Hinterrad für geschmeidige und stabile Verarbeitung der Druckverhältnisse im hauseigenen Pro10-Hinterbau. Federhärte und Auslöse-Level am Dämpfer lassen sich ebenfalls differenziert und in feiner Auflösung individuell auspegeln.
Kompetent auf dem Trail
Der vielgelenkig an den Hauptrahmen angebundene Pro10-Hinterbau mit schwimmend gelagertem Dämpfer ist eine Eigenentwicklung von Propain, die die Marke von Anfang an prägt. Die diffizile Konstruktion setzt auf hohe Sensibilität, Steifigkeit, Stabilität und Wartungsarmut. Die 140 Millimeter Federweg hinten harmonieren gut mit den 150 Millimetern der Gabel.
Diesen Federweg stellt der Pro10-Hinterbau anfangs betont leichtgängig, mit zunehmender Einfeder-Tiefe dann progressiv, also allmählich härter werdend, zur Verfügung: Kleine Unebenheiten schluckt er beim Überrollen effizient und fast beiläufig weg. Auf größere Hindernisse reagiert er mit kontinuierlich zunehmendem Gegendruck.
Das stabilisiert das Fahrverhalten und erzeugt ein souveränes, flüssiges Fahrgefühl. Relativ niedrige ungefederte Massen, ein tief liegender Schwerpunkt, die speziell ausgetüftelte Raderhebungskurve und der schwimmend gelagerte Dämpfer tragen dazu bei, den Propain-Hinterbau reaktionsfreudig, aber auch antriebsneutral machen.
Auf dem abwechslungsreichen Terrain unserer Touren war deutlich zu spüren, wie leicht und unauffällig der Hinterbau einfedert, dass bergauf und bei unrundem Tritt weder Wippen noch Kettenrückschlag auftreten. Auch bei harten Bremsungen sackte das Bike nicht in die Federwege. Die Progression der Federung setzt harmonisch ein. Zu viel Härte oder gar eine totale Blockade des Federwegs war weder bei starken Bremsungen noch beim kraftvollen Pedalieren auf anspruchsvollen Strecken mit schnell aufeinanderfolgenden Schlägen, Wurzel-Trails oder an gröberen Stufen zu provozieren.
Sehr angenehm war auch, dass bei einer Biketour zu den Pfaffenseen am Watles in Südtirol beim Bergauf-Kurbeln des kraftzehrenden 1300-Höhenmeter-Anstiegs das Vorderrad stets Bodenkontakt behielt und nicht vom unregelmäßigen Drehmoment und dem Gegenzug am Lenker hochgezogen wird und vom Boden abhebt.
Bissige Schwestern
Auf Asphaltstrecken, wie hier bei der kilometerlangen Anfahrt von Malsch aus, rollt das Hugene mit der gewählten Reifen-Kombi relativ zäh. Beide Reifen wiegen mehr als 1100 Gramm pro Stück, dazu wirkt sich auch das Gewicht der 30 Millimeter breiten Alufelgen so weit von der Drehachse entfernt hemmend aus. Weil sich die im und aufs Laufrad wirkenden Kräfte besser verteilen können, sind die Laufräder dadurch besonders robust.
Das Vorderrad mit gewogenen 2197 und 2835 Gramm am Hinterrad wollen bei jedem Antritt in Rotation versetzt werden. Das geht, schon nach ein paar flott gefahrenen Kilometern leicht bergan, in die Oberschenkel. Das grobe Stollen-Profil mit weiten Zwischenräumen an den kernigen Gelände-Pneus treibt den Rollwiderstand zusätzlich hoch: Es kostet echt Kraft, Geschwindigkeit aufzubauen und, selbst in der Ebene, zu halten. Die beiden Schwalbe-Schwestern Muddy Mary und Big Betty sind lieber woanders unterwegs.
Grip und Grab offroad
Sobald man die Teerstraße verlässt, fängt der Spaß richtig an: Viel vertrauenerweckender Grip auf Wurzeln, auf Steinen, auf Schotter. Präzise und stabile Spurführung am Vorderrad, kraftvoller Vortrieb, fette Verzögerung beim Bremsen – jetzt fühlen sich die Stollen-Schwestern sauwohl. Im Gelände ist niedriger Rollwiderstand eh dahin.
Die breiten Tubeless-Reifen mit stabiler Seitenwand sitzen auf angemessen breiten Felgen mit 30 Millimetern Maulweite. Sie bauen so breiter, stützen sich dank großem Querschnitt optimal ab und entwickeln damit besseren Bodenkontakt durch ihre vergrößerte Kontaktfläche.
Die Durchschlagsgefahr ist, wie bei allen Tubeless-Reifen, extrem gering, einen Snakebite-Platten braucht man nicht zu befürchten. Das macht die Laufräder allerdings auch schwer, das Bike dadurch insgesamt relativ träge. Easy fix: Mit leichteren Reifen ließe sich das Hugene spritziger fahren und lenken.
Doch: Dafür verzeihen diese Laufräder viel und stecken kleinere Fahrfehler locker weg. An kritischen Schlüsselstellen gilt deshalb kein Zagen. Mutig drüber mit ordentlich Zug auf der Kette – das Hugene macht das schon! Auf einem Bike mit solchen Talenten entwickelt man ganz nebenbei seine Fahrkunst und -technik weiter und wird so auf Dauer gar zu einem besseren Fahrer.
Gangwechsel mit Strom, Funk und App
Auch die elektrische Kettenschaltung fordert und fördert eine aktive, dynamische Fahrweise. Ohne spürbare Latenz und ohne sich je zu vertun wechselt die Eagle AXS GX-Schaltgruppe von SRAM hier ihre 12 Gänge. Die Kette klettert effizient, flüssig und auf kürzester Strecke von Ritzel zu Ritzel. Sehr schön ist, dass der Daumen auf der Schalttaste nur extrem kurze Wege hat und man dabei kaum Kraft aufwenden muss. Ein knackiger Druckpunkt teilt klar mit, dass exakt jetzt der Schaltvorgang stattfindet. Insgesamt fährt sich die SRAM-Schaltung sehr direkt, alle Gangwechsel gehen zuverlässig, blitzschnell und auch leise von der Hand.
Der Nachteil ist, dass man je eine unabhängige, einzelne Stromquellen für Schalt-Pod und -werk benötigt, deren beider Ladezustand man im Blick behalten muss. Das Bike etwa nach ein paar Wintermonaten Auszeit in die Frühlingssonne schieben und sich einfach in den Sattel schwingen? Das kann zur enttäuschenden Erkenntnnis führen, dass der Schaltwerks-Akku oder die Pod-Batterie fast oder gar ganz platt ist.
Ein restlos leerer AXS-Akku lädt jedoch sehr schnell per USB-Ladegerät innerhalb von 45 Minuten voll auf, diese Sram-Aussage können wir bestätigen. Und eine CR2032-Knopfzelle sollte beziehungsweise könnte man sowieso in Reichweite haben, bedenkt man, wie verbreitet dieser Batterietyp ist. Von der TV-Fernbedienung über Apples Airtags bis hin zur Küchenwaage speist sie viele Alltagshelfer. Über den Ladezustand am Schaltwerk und Pod gibt natürlich die Sram AXS-App jederzeit exakte Auskunft. Man muss sie nur fragen – rechtzeitig, wohlgemerkt.
Die neu entwickelte AXS-App nimmt via Bluetooth Kontakt mit der Schaltung auf. Dann kann man unter anderem beim Ein- oder Umbau einer AXS-Schaltung die korrekte Kettenlänge ermitteln, die Art und Typ seiner Komponenten auslesen, die Schaltung selbst nach anfänglichen Setzvorgängen (die gibt es auch hier) feinjustieren, multiple Gangwechsel bei verlängertem Tastendruck anfordern oder Installations- und Wartungsvideos studieren. Der zugehörige Sram-Account bindet Navigation, Leistungsmessung und soziale Netzwerke ein und bietet so ein digitales Bike-Erlebnis, das der Hersteller ständig weiter ausbaut.
Strom am MTB – Benefit oder Manko?
Der Griff zum Smartphone gehört für viele ganz selbstverständlich dazu, wenn man eigentlich nur, ganz analog, Radfahren will. Doch das ist bei der Eagle AXS-Schaltung nicht inbedingt nötig. Sie lässt sich, zumindest für das Nötigste, auch per Schalttaste direkt bedienen: Eine Status-LED gibt am Schaltwerk und Pod Auskunft darüber, ob ein Schaltschritt stattgefunden hat oder nicht, wie der Ladezustand ist, und sogar das millimetergenaue Feintuning zwischen Schaltwerk und Ritzel lässt sich von Hand bedienen. Zumindest, wenn man die reichhaltige Online-Anleitung gelesen oder eins der ausführlichen Erklär-Videos zu Rate zieht.
Unterm Strich sind die Elektrifizierung und drahtlose Steuerung der Kettenschaltung nicht unbedingt zwingend. Doch hier sind sie kompetent und zuverlässig umgesetzt. Sie bringen einen Mehrwert, indem man ein für alle Mal auf das permanent notwendige Nachjustieren seiner Schaltung aufgrund gelängter Bowdenzüge und ausgeleierter Zughüllen verzichten kann. Zudem laufen Einbau und Anbau von Austausch-Parts wesentlich simpler und schneller ab: Ein neues Schaltwerk oder das Schaltelement Pod wird einfach angeschraubt und ist nach dem Pairing sofort und dauerhaft einsatzfähig. Bei Verschleiß oder Schäden durch Unfälle sind viele Teile des nun simpler und kompakter konstruierten Schaltwerks einzeln austauschbar.
Man muss also nach einem Crash nicht gleich das ganze nun deutlich teurere Schaltwerk tauschen, wenn nur der Käfig verbogen oder ein Schaltröllchen demoliert ist. Bei hartem Kontakt mit der Umwelt kann das Eagle AXS-Schaltwerk zum Selbstschutz sowohl nach innen zum Laufrad hin wie auch gegen die Fahrtrichtung nach hinten/oben ausweichen. So nimmt es einem Anstoß die Spitze und vermeidet oder mindert so größeren Schaden.
Gangabstufung und Bandbreite
Mit einem kleinen Kettenblatt von 32 Zähnen zeigt sich das Hugene anfahr- und kletterfreundlich. Es hat etwas mehr Wumms im Antritt. Bis zu 36 Zähne wären machbar, doch müsste man dafür auch die Kette entsprechend verlängern. Bei Srams Eagle AXS gilt, dass die Kettenlänge in engen Toleranzen auf die aktuelle Gesamt-Zähnezahl angepasst werden muss. Nur dann sind die exakten, schnellen Gangwechsel, die reibungslose Funktion der elektrischen Schaltung und der sichere, geräuschlose Lauf der Kette möglich.
Dass zwischen dem größten Ritzel und seinem nächstkleineren Nachbarn statt 10, wie bei früheren Sram-Generationen, jetzt nur noch 8 Zähne Unterschied besteht, lässt die Kette gerade in kritischen Fahrsituationen und unter Last deutlich schneller aufs und vom größten Ritzel klettern als bei älteren 1×12-Schaltungen von SRAM.
Insgesamt schaltet die GX hier exakt, knackig und ohne jede Verzögerung. Es gab auch in schwierigen Situationen unterwegs keinerlei Schwierigkeiten, auch nicht bei Mehrfach-Schaltvorgängen schnell hintereinander, etwa, wenn man am Fuß einer Abfahrt sofort wieder einen Gegenanstieg hochpowern muss. Ein Problem, das alle 1x-Schaltungen betrifft, bleibt jedoch: Die Gesamtübersetzung liegt hier bei 520 Prozent. Der 12., schwerste, Gang ist also 5,2 mal so groß wie der erste, leichteste. Das reicht in den meisten Fahrsituationen gut aus. Leider aber nicht in allen.
Will man zum Beispiel auf guter Fahrbahn einer langen Abfahrt noch mittreten, um Speed/max rauszukitzeln, kurbelt man sich mit 32 (Kettenblatt) zu 10 Zähnen (kleinstes Ritzel) einen Wolf. Schon bei flotter Gangart in der Ebene findet man sich oft bereits im schwersten Gang auf dem kleinsten Ritzel wieder. Da waren die althergebrachten 3×10-Schaltungen mit bis zu 630 Prozent Gesamtumfang deutlich breiter abgestimmt. Und die Bikes dann doch auch vielseitiger.
Geht es flott abwärts, ist das dem Hugene auch sehr recht: Die Reifen halten sauber und zuverlässig die Spur, das agile Fahrwerk garantiert sicheren Bodenkontakt. Auch auf losem oder feuchten Untergrund fühlt man sich bei hohem Speed immer sicher. Senkt man per Vario-Stütze den Sattel ab, greift sich den Lenker und gibt dann Gas, kann man das Bike auf Forststraßen bergab in leichten Schwüngen allein durch Gewichtsverlagerung der Körpermitte, sozusagen per Hüftschwung, steuern.
Diffizile Bremsen
Ein Finger pro Bremshebel reicht dabei in jeder Situation locker aus: Die Formula-Disc hat vier Kolben und entfaltet ihre Bremswirkung an den beiden großen 203 Millimeter-Discs feinfühlig und, wenn’s sein muss, brachial. Sie verzögert, je nach Zug am Hebel, souverän von zart bis hart. Leider sind nicht Formulas Top-Bremshebel mit werkzeuglos bedienbaren Stellschrauben montiert. Hier kann man die Griffweite an der kantigen Rändelschraube nur schwer von Hand verstellen. Der Belagabstand zur Disc lässt sich mit diesen Hebeln leider gar nicht verändern. Schade, denn damit kann man den Biss seiner Bremse sehr fein anpassen.
Ein vergrößerter Spalt hilft auch, falls eine der Discs etwa verbogen ist oder unterwegs zu schleifen beginnt. Speziell Scheiben mit 203 Millimetern Durchmesser neigen im Vergleich zu kleineren Discs aufgrund der Hebelverhältnisse dazu, sich beim Transport oder schon bei leichtem Anstoß zu verbiegen oder sich zu verziehen, wenn sie heiß gebremst werden. Das gibt Abzug in der Handling-Note. Wer Wert auf gute Verstellbarkeit legt, sollte sich die entsprechenden Nachrüsthebel von Formula besorgen und montieren. Alle Ausstattungsvarianten, die Propain für das Hugene anbietet, setzen mittlerweile (Februar 2024) auf andere Bremsen.
Offroad-Kompetenz
Das Fahrwerk arbeitet sehr effizient und ist filigran einstellbar. Querliegende Baumstämme, ein Wurzelteppich, einzelne kindskopf-große Felsblocks, selbst kniehohe Stufen: All dies steckt das Hugene ohne Zögern weg und gleitet geschmeidig darüber. Die massiv gebaute Gabel und der vielgelenkige Hinterbau mit schwimmend gelagertem Dämpfer lassen weder seitlich noch diagonal irgendwelche Verwindung oder Flattern verspüren. Beide federn sämig und ohne zu stuckern. Der tatsächlich genutzte Federweg ist dabei beträchtlich, wird aber
Die progressive Abstimmung des Hinterbaus unterdrückt, zusammen mit der einstellbaren Auslöse-Plattform, sehr wirkungsvoll unerwünschtes Wippen und Aufschaukeln bei unruhigem Untergrund oder im Wiegetritt, und macht auch eine Abfahrt über Treppenstufen, moderat hohe Sprünge und Downhill-Highspeed gut beherrschbar.
Auf engen, technischen Trails ist der Spaß besonders groß. Das Hugene spielt sein Können im dosierten Zusammenspiel von kraftvollem Vortrieb und dosierter Verzögerung, bei dynamisch angepasster Geschwindigkeit auf anspruchsvoller Strecke am besten aus. Und das umso mehr, je herausfordernder das Terrain ist. Hier gilt definitiv: Der Weg ist das Ziel. Man spürt, wo die Marke herkommt und dass sie Kompetenzen aus der härteren Liga stimmig in ein Tourenbike zu transferieren weiß.
Unser Touren-Fazit
Das Bike hat einen breiten Einsatzbereich und bietet in Sachen Fahrsicherheit, Wartungsarmut und Performance viele Reserven. Optimales Spielfeld für das Hugene sind sportliche Biketouren mit hohem Offroad-Anteil, abwechlungsreichem Profil und technisch anspruchsvollem Charakter. Auf allzu lange oder heftige Steigungen sollte man verzichten. Denn dabei bremst gelegentlich sein zwar moderates, lang bergauf aber doch spürbares Gesamtgewicht und insbesondere das der Laufräder. Dafür liebt das Propain tricky Trails, die gern verwinkelt und verblockt sein dürfen, und fette Abfahrten – egal, auf welchem Untergrund, ob trocken oder feucht, ob steinig oder schlammig.
Bikeparks gehören ebenfalls zu seinen Lieblingsrevieren. Die besonderen Stärken des solide gebauten und sehr überlegt konstruierten Bikes liegen in seiner satten Straßenlage und dem sensiblen, potenten Fahrwerk, kombiniert mit einer soliden, präzisen Lenkung. Dadurch entsteht ein souveränes Fahrgefühl, das hohes Können signalisiert und viel Vertrauen gibt. Das Hugene ist imstande und entschärft selbst schwierige Schlüsselstellen. Oft macht es anfangs kritische Stellen am Ende sogar genussvoll fahrbar. Lässt man sich darauf ein, macht das Hugene einen besseren Biker aus dir. Versprochen.
Spezifikationen – Propain Hugene 2 CF 29
Rahmen
Carbonrahmen Propain Hugene 2 CF, spezifisches Faser-Layup Blend Carbon
Hinterbau
Carbon, VPP-Prinzip, 140 mm Federweg, UHD-Ausfallende, Steckachse 12×148 mm Boost
Gabel
Fox 36 Float Grip2, 150 mm Federweg; Steckachse 15×110 mm Boost
Dämpfer
Fox Float X Extra Volume, 140 mm
Schaltwerk
SRAM GX Eagle Transmission AXS
Kurbel
SRAM GX, 32 Zähne
Kassette
SRAM XS 1275, 10-52 Zähne, 520%
Kette
SRAM Flattop T-Type
Schalthebel
SRAM Pod AXS
Bremsen
Formula Cura 4, 4-Kolben
Discs
2 x Formula, 6-Loch, 203 mm
Felgen
Newmen Evolution A-30, Boost-Standard
Reifen
Lenker
Sixpack Millennium, Breite 775 mm
Vorbau
Sixpack Millennium Your Part 4X, ø 35 mm
Sattelstütze
Bikeyoke Divine, Variostütze 160 mm absenkbar
Sattel
Sixpack Kamikaze
Gewicht
14,0 Kilogramm (ohne Pedale)
Max. zul. Gesamtgewicht
134 Kilogramm
erhältliche Größen
S, M, L, XL (fett: getestet)
Preis
5374 Euro (Stand: Februar 2024)